VON PETER STEINERT UND ANNA-LENA WAGNER
      
          Mit Ausstrahlung | ARCHIV-FOTO: PETER STEINERT
   
           Bad Oeynhausen/Berlin. Im  Nachhinein hatte der Besuch von Karl-Theodor zu Guttenberg in der  Kurstadt etwas Symbolisches. Der Verfasser der vermeintlichen  Doktorarbeit in der Stadt des Märchenmuseums. Es war einmal. Das trifft  seit gestern auch für den Verteidigungsminister selber zu, der sich bei  seinem Auftritt im Theater im Park redegewandt und volksnah gab. Bad  Oeynhausener erinnern sich.
    Lothar Gohmann wird den Minister als "hervorragenden Rhetoriker" in  Erinnerung behalten. Der Loher war ganz nah dran am Christsozialen, der  im April auf Einladung der heimischen CDU vor 450 Gästen referierte.  "Der Rücktritt ist konsequent. Schade, wir hätten ihn gerne weiter im  Amt gesehen." Schon damals habe Gohmann diese Entwicklung befürchtet.  "Ich dachte, dass er irgendwann einmal das Handtuch schmeißt. Ich weiß,  dass das als Politiker nicht gerade ein Traumjob ist. Man wird von allen  Seiten angefeindet."  
    Ähnlich äußert sich Helke Nolte-Ernsting. Auch sie war Zeugin des  Guttenberg-Gastspiels im Kurpark. "Der Ministerposten war kein  Spaziergang - gerade in der heutigen Zeit." Vom gestrigen Rücktritt  erfuhr sie aus dem Radio. "Ich war im ersten Moment sehr, sehr traurig",  sagt Bad Oeynhausens stellvertretende Bürgermeisterin, für die der  Ministerbesuch "ein ganz besonderes Ereignis" war. Nolte-Ernsting:  "Theodor zu Guttenberg hat sich ganz toll vorgestellt und sehr bewegende  Themen angesprochen."  
  Begeistern ließ sich ebenfalls der damals 12-jährige Luca Scholz, der  unter den zumeist älteren Besuchern hervorstach. Und der sich kurz mit  dem Minister unterhalten durfte. "Zu Guttenberg ist ein sehr netter  Mensch, der sehr offen ist und der seine Sache sehr gut gemacht hat. Den  Rücktritt bedauere ich sehr", sagt der Gymnasiast, der trotz der  jüngsten Geschehnisse zum Politiker hält. "Ich bin immer noch sein  Anhänger."  
  Der damalige Besuch hinterließ sogar Spuren in Afghanistan: Lars  Brinker, der als Oberleutnant im Sommer am Hindukusch stationiert war,  bekam im August vom Oberbefehlshaber eine Fahne mit dem Wappen der  Kurstadt überreicht - zu Guttenberg hatte sie als Gruß des Bad  Oeynhausener CDU-Stadtverbandsvorsitzenden Lothar Gohmann mit nach  Afghanistan genommen. Überrascht vom Rücktritt des  Verteidigungsministers zeigt sich Lars Brinker nicht: "Es war letztlich  abzusehen, dass es für zu Guttenberg nach den Vorwürfen problematisch  werden könnte, die Bundeswehrreform konsequent weiterzuführen." Obwohl  es für den Reformprozess an sich schlecht sei, wenn mittendrin "die  Pferde gewechselt" würden. "Dieser könnte jetzt eine ganz andere  Richtung nehmen."  
  Dass sich der Druck auf zu Guttenberg in den letzten Tagen nochmals  erhöht hat und dieser letztlich zurückgetreten ist, hängt wohl auch mit  einem Offenen Brief an Angela Merkel zusammen, den mehr als 50.000  Wissenschaftler und Unterstützer aus ganz Deutschland unterzeichnet  haben - darunter auch zwei Promovierte aus Bad Oeynhausen, wie Lars  Skusa: "Ich habe mich spontan am Sonntagabend dazu entschlossen, als ich  von der Aktion in den Nachrichten gehört habe."  
  Der 37-Jährige hat 2006 seinen Doktortitel im Fach Bioinformatik erlangt  und fühlte sich persönlich von der Aussage der Kanzlerin getroffen, sie  habe Guttenberg nicht als "wissenschaftlichen Mitarbeiter" eingestellt.  Im Brief wird diese Aussage als "Verhöhnung" aller wissenschaftlichen  Hilfskräfte und Doktoranden bezeichnet. "Es ist schwer nachzuvollziehen,  wie er die Vorwürfe eine Woche lang bestreiten und sie dann an einem  einzigen Wochenende plötzlich doch bemerken kann", sagt Skusa.