"Wir müssen die Quellen erlebbar machen"
Walk and Talk heißt die neue Interview-Variante, die die Neue Westfälische im Vorfeld der Bürgermeister-Stichwahl zwischen Achim Wilmsmeier, der von SPD, Grünen, BBO, UW und der Linken unterstützt wird, und CDU-Kandidat Kurt Nagel am 27. September erprobt. Die Idee dahinter ist, dass bei einen Spaziergang auch Gedanken und Gespräch in Bewegung kommen. Die Spielregeln: Der Gesprächspartner bestimmt die Wegstrecke und zwei Themen, die Redaktion sucht sich ein drittes Thema aus. Bei diesem zweiten Interview der NW lud Kurt Nagel NW-Redakteur Jörg Stuke zum Spaziergang durch den Kurpark ein. Seine Themen zwischen Blumenbeeten und Wasserfontänen: Die Zukunft des Heilbades und "Wo die Weser einen großen Bogen macht". Stukes Thema ist der Umbau der Mindener Straße nach der Eröffnung der Nordumgehung.
Herr Nagel, wir treffen uns hier in der guten Stube von Bad Oeynhausen, im Kurpark. Sicherlich wunderschön, aber auch ein bisschen brav. Ist Ihnen nichts Frecheres eingefallen als Treffpunkt?
Kurt Nagel: Mir wäre auch was Frecheres eingefallen, zum Beispiel die Außenbereiche unserer Stadt.
Welcher Außenbereich wäre Ihnen denn besonders frech vorgekommen?
Kurt Nagel: Wir hätten auch einen Spaziergang an der Trasse der Nordumgehung machen können, das wäre glaube ich frech gewesen.
Aber jetzt gehen wir ins Herz der Stadt, in den Kurpark. Seit 1848 ist Bad Oeynhausen Bad. Haben Sie denn Sorge, wenn Sie jetzt hier zum Gespräch einladen, dass sich das in den nächsten Jahren ändern könnte ?
Kurt Nagel: Ich habe keine Sorge, sondern eher die Hoffnung, dass sich etwas ändert, zum Guten ändert. Ich glaube, da ist eine Menge Potenzial für unsere Stadt drin.
Was muss sich denn ändern?
Nagel: Der Erlebniswert unseres Kurparks muss deutlich gesteigert, die Einbeziehung und die Verbindungen zu den Grünzügen unserer Stadt müssen verbessert werden. Die beschlossenen Spielgeräte sind ein erster Schritt. Es gibt aber weitere Bereiche, in denen man etwas tun kann, um Bad Oeynhausen und den Kurpark attraktiver zu machen. Die bessere Einbindung des Kurparks an die Innenstadt ist bereits umgesetzt.
Haben Sie schon eine Idee?
Nagel: Ja, mehrere. Zum Beispiel die im Kurpark befindlichen Quellen optisch erlebbar machen. Wir müssen erneut über die Nutzung unserer Heilquellen nachdenken, über alternative Heilmethoden, auch über Kneippanwendungen.
Das Staatsbad hat in den vergangenen Jahren - gerade passieren wir die Wandelhalle - sehr viel Geld in die Sanierung und Renovierung der Gebäude gesteckt. Reicht Ihnen das nicht?
Nagel: Wir haben über 10 Millionen Euro in die Sanierung der Gebäude gesteckt, das ist richtig. Aber jetzt geht es um den Park.
Gerade die Unterhaltung der Gebäude verursacht ja erhebliche Kosten. Wie lange wird sich Bad Oeynhausen das noch leisten können?
Nagel: Ich gehe davon aus, dass sich die Stadt das dauerhaft leisten kann. Damit sie das kann, ist auch im Bereich Tourismus noch vieles zu tun, zum Beispiel die Verweildauer der Gäste steigern. Das belebt natürlich auch die Innenstadt.
Welche Geldquelle wollen Sie da konkret anzapfen?
Nagel: Es ist ja nicht so, als ob wir keine finanziellen Rücklagen hätten. Aber wenn ich den Kurpark attraktiver mache, wenn ich mehr Gäste in die Stadt bekomme, dann führt das zu Einnahmen in Gastronomie und Beherbergungsgewerbe und führt zu Steuereinnahmen sowie Kurtaxe.
Jetzt müssen wir mal eine Wegentscheidung treffen. Wo gehen wir weiter? Geradeaus Richtung Kaiserpalais?
Nagel: Nein, wir gehen jetzt in die Außenbereiche des Kurparks. Da sind die Dinge, die ich eben angesprochen habe, die wirklich verbesserungswürdig sind.
Sie haben die Rücklagen des Staatsbades angesprochen. Nach meiner Kenntnis sind die etwa im Jahr 2020 verbraucht. Wie geht es dann weiter?
Nagel: Ob die Rücklagen 2020 wirklich verbraucht sind, lassen wir mal dahin gestellt sein. Aber wir haben auch noch originäre Einnahmen. Wenn dann gar nichts geht, muss die Stadt einspringen.
Aber die hat doch auch kein Geld. Oder wie wollen Sie das ändern als Bürgermeister?
Nagel (lacht): Das wird demnächst alles besser. Aber ernsthaft: Wenn in Zukunft in der gesamten Gemeindefinanzierung nichts Grundlegendes passiert, dann würden alle Kommunen finanziell die Karre an die Wand fahren. Und das sehe ich definitiv nicht so.
Hier im Kurpark wollte das Staatsbad mit der alten Kurverwaltung ja eigentlich doppelten Gewinn machen: erstens das Grundstück verkaufen, zweitens für Bad Oeynhausen ein Vier-Sterne-Hotel ansiedeln. Die Pläne sind geplatzt. Dafür muss das Staatsbad eine Viertelmillion für den Abriss aufwenden. Was sehen Sie in den kommenden Jahren auf dem Gelände der alten Kurverwaltung?
Nagel: Das ist mit Sicherheit keine leichte Aufgabe. Es geht aber nicht in erster Linie um die Vermarktung des Grundstückes, sondern darum, was dort stattfinden soll. Ich weiß nicht, ob wir ein Vier-Sterne-Hotel tatsächlich noch nach Bad Oeynhausen bekommen. Wenn das nicht geht, muss man über alternative Dinge nachdenken. Ich kann mir auch eine Wohnbebauung vorstellen, obwohl das nicht mein Ziel ist.
Haben Sie das Thema Vier-Sterne-Hotel nicht beerdigt?
Nagel: Nein, habe ich nicht. Obwohl ich ja Realist bin.
Gibt es denn konkrete Signale, dass sich da etwas tut?
Nagel: Es soll konkrete Signale geben, die kenne ich aber nicht im Detail.
Kommen wir zum zweiten Thema, das Sie sich ausgesucht haben: Wo die Weser einen großen Bogen macht. Wollen wir singen?
Nagel: Nein, wir wollen natürlich nicht singen. Das ist eine Metapher für die Lage der Stadt in einer beliebten Tourismusregion mit einem sehr breiten Freizeit- und Gesundheitsangebot.
Und auch für: Heimat. Was schätzen Sie an Ihrer Heimatstadt besonders? Und bitte nicht Kurpark sagen.
Nagel: Nein, wir hätten auch am Weserufer spazieren gehen können, das liebe ich sehr. Wir haben wirklich eine sehr unterschiedliche Landschaft, in der man Wandern, Radfahren, Wasser- und Luftsport treiben kann. Das muss besser vermarktet werden.
Was mögen Sie nicht an Bad Oeynhausen?
Nagel: Dass das Wir-Gefühl noch nicht wirklich umgesetzt worden ist. Ich stelle immer wieder fest, dass Gäste Bad Oeynhausen viel besser finden, schöner, attraktiver, als das die eigenen Bürger tun. Ich glaube, daran muss einfach noch eine Menge getan werden.
Was könnten Sie als Bürgermeister dafür tun?
Nagel: Als Bad Oeynhausener den Bad Oeynhausenern sagen, dass wir eine Stadt sind und dass alle Stadtteile ihren Reiz haben.
Wo die Weser einen großen Bogen macht, macht ja auch die Nordumgehung einen großen Bogen. War es schlau, diese Autobahn zu planen, ohne gleich ein Gewerbegebiet mitzudenken? Und wie konnte Ihnen das als Christdemokrat passieren?
Nagel: Also, ich habe die Nordumgehung nicht geplant. Ich war noch nicht einmal im Rat, als sie beschlossen wurde. Dass man an Autobahnen Gewerbe ansiedelt, ist normal. Wir haben ja auch Gewerbegebiete, die an der Autobahn liegen, in Eidinghausen beispielsweise. Und weitere Gebiete? Irgendwo ist es dann auch mal begrenzt. Wir sind kein reiner Gewerbestandort, sondern überwiegend ein Gesundheitsstandort. Klar brauchen wir auch Gewerbe, und wir haben auf der Lohe gerade entsprechende Flächen eingerichtet. Und da geht es ja auch los.
Heißt das: Was Bad Oeynhausen aktuell vorhält an Gewerbegebieten reicht?
Nagel: Ich gehe mal davon aus, dass es zurzeit reicht.
Stichwort Standort: Klären Sie mich auf, wo wir hier gerade sind?
Nagel: Wir sind in dem sogenannten Therapiegarten. Finden Sie das hier einladend und attraktiv? Die Idee ist ja gut. Aber das kann man deutlich aufwerten. Es gibt woanders Barfußpfade, Kneippanwendungen, Ruhebereiche, Klanggärten. Da sind uns vergleichbare Kurorte voraus.
Wo gehen wir weiter?
Nagel: Wir können jetzt mal auf die Mittelachse schwenken.
Eine andere Mittelachse, die durch Bad Oeynhausen geht, ist die Mindener Straße. Was wird sich in den nächsten fünf Jahren dort ändern?
Nagel: Ich hoffe: alles. Die vollständigen Planungen für einen Rückbau liegen bereits vor, wurden mit Straßen NRW abgestimmt und in einer Bürgerinformation mit den unterschiedlichen Varianten. Einbezogen wurden die Planungen zur Nördlichen Innenstadt und vor allem die Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes.
Die Grundsatzfrage dabei ist ja: Reichen zwei Fahrspuren?
Nagel: Ich gehe davon aus, dass die reichen. Wir werden dann auf beiden Seiten Mehrzweckspuren haben, wir brauchen Linksabbiegerspuren, damit die Grundstücke vernünftig erschlossen werden können. All das ist sehr aufwändig und teuer. Eine Kostenbeteiligung muss bei Land und Bund eingefordert werden, es müssen massive Gespräche geführt werden. Denn aus eigenen Mitteln kann Bad Oeynhausen das nicht schultern.
Haben Sie eine Vorstellung davon, was der Umbau der Mindener Straße kosten könnte?
Nagel: Da gibt es keine konkreten Zahlen. Aber wir sind mit Sicherheit im mehrstelligen Millionenbereich.
Was werden Sie tun, damit Land und Bund den Umbau finanzieren?
Nagel: Andere Kommunen haben bewiesen, dass so etwas geht. Das bedeutet massiven Einsatz, Fahrten nach Düsseldorf, um beim Verkehrsminister vorzusprechen und zu sagen: Das Land ist jetzt gefordert, ihr müsst für unsere Stadt etwas tun, als kleinen Ausgleich für jahrzehntelange Belastungen durch Lärm und Gestank.