Kurpark 3.0 für Barrierefreiheit
»Wir wollen die ›Stadt ohne Stufen‹ aufleben lassen«. Das hat der Vorstand der Ortsunion Altstadt nach einem Besuch in Bad Sassendorf erklärt. Die Erkenntnisse sollen in die politische Arbeit einfließen.
Am Austausch zur Barrierefreiheit mit Vertretern der Stadt Bad Sassendorf waren CDU-Stadtverbandschef Kurt Nagel, Gerhard Göttsche, Vorsitzenden des Freundeskreises für Rollstuhlfahrer und Körperbehinderte, Helke Nolte-Ernsting, Joachim Knollmann und Rainer Printz beteiligt.
Begrüßt durch Bürgermeister Malte Dahlhoff erwartete die Gäste eine Führung. Der erste Eindruck zeigte, dass Barrierefreiheit dort vielfältig Berücksichtigung findet. »In der Verwaltung und in den Gremien wird bei allen Maßnahmen an junge Familien mit Kinderwagen, an Menschen mit Rollator als auch an die auf einen Rollstuhl angewiesene Person gedacht«, erklärte der Bürgermeister. Rampen würden statt Stufen verbaut, farblich gekennzeichnete Sitzbänke auf höhere Sitzflächen hinweisen und Beschilderungen seien teils schon über das Smartphone auslesbar.
Bad Sassendorf vermittele schon heute ein Bild von Deutschland im Jahr 2030. Jeder dritte Einwohner sei dort über 65 Jahre, jeder zehnte über 80 Jahre alt. Der Altersdurchschnitt von Bad Sassendorf sei mit 47 Jahren der höchste in NRW – ein Wert, der landesweit erst in 20 Jahren erreicht werde. Im Gegensatz zu vielen anderen Gemeinden schrumpfe der Kurort aber nicht, zeige vielmehr gesunden Zuwachs, erfuhren die Gäste. Als altersgerecht entwickelte Gemeinde habe Bad Sassendorf heute bundesweit Leuchtturmfunktion. Die Gäste nahmen nach eigenem Bekunden »wertvolle Impulse« für die Maßnahmenplanung zur »Stadt ohne Stufen« mit.
»Der 1925 vom Bad Oeynhausener Mediziner Reinhold Neumann-Bülow erfundene Slogan ist bei der zukünftigen Altersentwicklung so aktuell wie nie. Wir müssen wieder viel mehr Anstrengungen unternehmen, um einfachen Ansprüchen von Menschen Rechnung zu tragen, die gehandicapt sind«, sagte Gerhard Göttsche. »In Bad Sassendorf wird mitgedacht und es wird jeder mitgenommen, um die Stadt lebenswert für alle zu gestalten.«
Beim Rundgang durch den Ortskern und die Kuranlagen erläuterte der Bürgermeister die Barrierefreiheit an Beispielen. Eines waren die zahlreichen Bushaltestellen, bisweilen nur 400 oder 500 Meter auseinander liegend, und Busse, die gezielt auch Supermärkte anfahren. Ein weiteres war der Rückbau an Hauptstraßen. Zum besseren Überqueren sind Mittelinseln eingebaut worden. An Bordsteinkanten gibt es nach Beobachtung der Gäste rollstuhlgerechte Absenkungen. Zugänge zu Geschäften seien barrierefrei. »Wir mussten anfangs sehr hartnäckig sein. Aber wir waren uns im Seniorenarbeitskreis über Parteigrenzen hinweg einig. Das hilft in der Wahrnehmung ungemein. Ich habe mit allen Entscheidern persönlich gesprochen«, sagte dessen Vorsitzende Christa Nowack. Als bemerkenswert stufen die Gäste »die professionelle und vernetzte Seniorenarbeit« ein. Kirchen, Parteien, Sportvereine und die Volkshochschule hätten sich in ihren Angeboten auf das ältere Klientel eingestellt. Damit der Ort nicht weiter überaltere, habe die Gemeinde jungen Familien subventioniertes Bauland angeboten und schon fast 150 Bauplätze vermarktet, 90 weitere sollen folgen.
Beim Rundgang durch den Kurpark wiesen Malte Dahlhoff und Gemeindeverbandsvorsteher Reinhold Häken nicht ohne Stolz auf die aus EU- und Landesmitteln geförderte geplante Umgestaltung des »Kurpark 3.0 – Interaktion, Prävention, Inklusion« hin. Er soll noch mehr die Interessen junger und älterer Menschen und mit mobilen oder visuellen Einschränkungen berücksichtigen.
Smartphone-unterstützte Ansagen sollen Besuchern Auskünfte jeweils an der Stelle geben, an der sie stehen, taktile Hilfen am Boden den Weg weisen, und ein Mehrgenerationen-Spielplatz mit Spielgeräten, im Kurpark verteilt, soll Anreize zum Aufenthalt und zur Erholung für jede Zielgruppe schaffen. »Wir sollten uneitel von den Besten lernen. Bad Sassendorf ist ein hervorragendes Beispiel für barrierefreies Leben«, meinte Helke Nolte-Ernsting.
Die Anregungen aus dem Besuch sollen in einer Arbeitsgruppe zum Thema »Barreierfreiheit« mit dem Geschäftsführer des Seniorenzentrums Bethel, Joachim Knollmann, aufgearbeitet werden.