CDU vermisst Ginkgo-Baum

Fußgängerzone: Ein besonderer Solitär auf der Paul-Baehr-Straße fiel offensichtlich der Säge zum Opfer. Eigentlich sollte das Exemplar eingelagert werden

Als Kronzeugen für die Bedeutung des Frevels beruft Helke Nolte-Ernsting den Dichterfürsten Johann Wolfgang von Goethe. Die Vorsitzende der CDU-Ortsunion-Altstadt klagt die Fällung und meterweise Einlagerung eines Ginkgobaumes an, der, bevor die Säge ihn fällte, sein Dasein an der Ecke Viktoria-/Paul-Baehr-Straße gefristet hat. Nun sei er im Zuge der Neugestaltung der Viktoriastraße weg gekommen und nicht wie geplant in einem Stück eingelagert, sondern in praktische Meterenden zerstückelt worden, sagt Nolte-Ernsting.
Ein Apfelbäumchen: Joachim Knollmann (v. l.), Alexander Nolte-Ernsting, Helke Nolte-Ernsting, Kurt Nagel, und Stefan Redeker üben sich in „symbolischer OppositionEin Apfelbäumchen: Joachim Knollmann (v. l.), Alexander Nolte-Ernsting, Helke Nolte-Ernsting, Kurt Nagel, und Stefan Redeker üben sich in „symbolischer Opposition" und simulieren eine Pflanzung. Den Baum nehmen sie später wieder mit.

Goethe kommt ins Spiel, weil das „lebende Fossil“, das seit 290 Millionen Jahre auf dem Planeten gedeiht, sein Lieblingsbaum gewesen ist. Ein berühmtes Gedicht des Klassikers widmet sich der Form seiner Blätter. Nolte-Ernsting zitiert es in der Pressemitteilung. „Dieser Baum war eine Attraktion für die Stadt“, sagt sie. Zusammen mit ihren Parteifreunden Joachim Knollmann, Kurt Nagel, Rainer Printz, Stefan Redeker und Alexander Nolte-Ernsting übt sie sich in „symbolischer Opposition“, wie CDU-Fraktionschef Kurt Nagel die Aktion nennt und setzt in Ermangelung eines Ginkgobaumes einen Apfelbaum an die mittlerweile gepflasterte alte Heimat des gefällten Exemplares.

„Es geht nicht nur um den Baum, sondern um die Desinformation durch die Verwaltung“, sagt Kurt Nagel. Bei der Bürgerversammlung zur Neugestaltung der oberen Klosterstraße am 1. Oktober sei die Frage aufgekommen, wohin der Baum verschwunden sei. „Eingelagert“, habe der Landschaftsplaner Peter Schatz des Planungsbüros WES der Versammlung versichert - ohne Widerspruch der anwesenden Verwaltungsmitarbeiter oder des Bürgermeisters zu ernten. „Die wussten alle, dass der Baum gefällt und zersägt worden ist“, sagt Nagel.

„Warum sagt man uns nicht die Wahrheit“, fragt sich Nolte-Ernsting und verweist auf das Verschwinden der englischen Telefonzelle, die einst auf dem Platz vor der Deutschen Bank gestanden habe. Die sei auch nicht wie behauptet „eingelagert“ worden, sondern eher zufällig und demoliert in den Rabatten des Bauhofes aufgefunden worden. Doch nicht nur Gingkobaum und Telefonzelle treiben die Christdemokraten um, auch die zur Disposition stehende Fällung von drei der 32 Bäume auf dem Platz vor der Deutschen Bank erregt ihr Missfallen. Die Stadt teilt mit: „Das entscheidet die Politik.“ Der Verwaltungsvorschlag sehe vor, die drei Bäume zu fällen, um den Platz „offener und erlebbarer“ zu gestalten. 29 von 32 Bäumen, die im Wesentlichen die Allee der Portastraße in diesem Bereich ausmachen, blieben stehen. Der Bereich Stadtplanung werde gemeinsam mit den Planern aber noch weitere Varianten für eine Umgestaltung des Platzes erarbeiten, bei denen die Bäume erhalten blieben. „Selbstverständlich würde für die drei gefällten Bäume Ersatz gepflanzt“, heißt es aus dem Rathaus.

Der Ginkgo hätte dran glauben müssen, weil er bei dem trockenen Sommer eine Entnahme und die Zwischenpflanzung mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ nicht überlebt hätte, teilt Stadtsprecher Volker Müller-Ulrich auf Anfrage mit. Auch dieser Baum werde durch einen jüngeren ersetzt.